Ladensterben – Siechtum ohne Ende?

Veröffentlicht am 21.04.2012 in Bezirk

Jürgen Müller in seiner Druckerei in Tempelhof

Ein Gespräch mit Jürgen Müller, von 1991 bis 2012 Vorsitzender der »Arbeitsgemeinschaft Selbstständige« der SPD.

TS aktuell: Herr Müller, am 15. November feiern Sie das 50-jährige Jubiläum Ihrer Druckerei in der Manfred-von-Richthofen-Straße. Seit vielen Jahren beobachten Sie, wie ein alteingesessenes Geschäft nach dem anderen schließen muss. Wie konnte es dazu kommen?

Jürgen Müller: Ein wesentlicher Grund sind die Mieten. Nach der Wende haben viele Hausbesitzer plötzlich drastische Erhöhungen gefordert, die von den Ladenbesitzern nicht erwirtschaftet werden konnten. Dazu kam das veränderte Einkaufsverhalten junger Familien, die lieber mit dem Auto in die neuen Einkaufszentren fahren. Als dann die Postfiliale geschlossen wurde, gingen die Umsätze der Läden weiter zurück. Wir hatten hier 50 Selbstständige, inzwischen stehen zwölf Läden leer.

ts: Was heißt das für den Kiez?

Müller: Es ist ja überall in Berlin dasselbe: Früher kannte man den Bäcker, den Metzger, traf dort die Nachbarn. Dieses nachbarschaftliche »Kiez-Gefühl« ging verloren. Auch die Ansiedlung zahlreicher Gastronomiebetriebe kann diese Lücke nicht füllen. Und das Ladensterben ist ansteckend: Zunehmender Leerstand führt zu weiterer Abwanderung.

ts: Welche Lösungsansätze haben Sie als Vorsitzender der »AG Selbständige« verfolgt?

Müller: Wir haben versucht, die Ladenmieten zu begrenzen – durch alle Parteigremien bis zum Bundesrat. Ich zähle auch die kleinen Betriebe mit weniger als zehn Angestellten zum Mittelstand, die Säule der Gesellschaft. Schließlich gibt es da die meisten Arbeitskräfte und Ausbildungsplätze. Trotz Zustimmung des Bundesrats scheiterte aber das Gesetz im Bundestag. Es gab immer wieder private Initiativen und politische Projekte. Seit über 10 Jahren verlangen alle Parteien, unterstützt durch die Medien, die Stärkung kleiner Geschäfte. Wir haben z. B. einen Lohnkostenzuschuss für Betriebe mit bis zu zwei
Angestellten durchgesetzt. Eigentlich ist die SPD gegen eine Subventionierung der Privatwirtschaft, aber in diesem Fall erwies es sich als sinnvoll und wurde auch gut angenommen. Auch die Förderung von Unternehmensgründungen, zum Beispiel durch günstige Kredite, steht auf unserem Programm. Natürlich ist gegen schlechte Betriebsführung, ein falsches Konzept oder ein nicht mehr zeitgemäßes Sortiment kein Kraut gewachsen.

ts: Wie wird es jetzt weitergehen?

Müller: Ich habe den Staffelstab weitergegeben an Jürgen Link, den neuen Vorsitzenden der »AGS«. Dem Vorstand gehören nun zum ersten Mal auch zwei junge Frauen an, die BVV-Delegierte Annette Hertlein und Hannelore Herlan. So kommt neuer Schwung in unsere Aktivitäten, und ich bin gespannt auf ihre Ideen. Jeder, der mitmachen will, ist herzlich eingeladen!

Das Gespräch führte Petra Rudolphi-Korte.

 
 

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