Alt und alkoholkrank in Schöneberg

Veröffentlicht am 18.09.2010 in Informationen

Alt und alkoholkrank – ein Zustand, der sich nicht ausschließt. Alkoholismus entsteht über Jahrzehnte, eine zwangsläufige Auswirkung ist die Leberschädigung.

Aber die Leber ist das menschliche Organ, das sich am besten und schnellsten regeneriert. Alkoholkranke Menschen können daher trotz Alkoholabhängigkeit lange leben. Solange, bis die Leber irgendwann doch versagt. Davor gibt es eine Zeit, wo die Verwahrlosung zunimmt, die Wachphasen und die Wahrnehmung abnehmen. Das ist kein Zustand, in dem man seine Angehörigen alleine zu Hause wissen will, egal, was vorher in der Familie alles passiert ist. Was tun?

Grundsätzlich sind wir in Schöneberg gut versorgt mit Hilfsangeboten. Über die Homepage des Bezirks findet man die Psychosoziale Beratungs- und Behandlungsstelle für Abhängige von Alkohol, Medikamenten und anderen Suchtmitteln (PBAM, http://www.pbam.de/), ein freier Träger. Ein Termin ist schnell zu bekommen, Antworten leider nicht: „Alt und alkoholkrank? So was gibt es nicht“, bzw. nach kurzem Überlegen fühlt sich der PBAM nicht zuständig.

Wer dann? Vielleicht der Sozialpsychiatrische Dienst des Bezirksamtes. Alt und alkoholkrank? Das wisse sie nicht, aber da gebe es doch diese Beratungsstelle, der Pflegestützpunkt, Adresse müsse sie mal suchen.
Gerontopsychiatrischer-Geriatrischer Verbund Tempelhof, Pflegestützpunkt genannt, ein Verbund von Einrichtungen und Einzelpersonen, die in der Beratung und Versorgung älterer Menschen tätig sind. Sie beraten über Angebote und Einrichtungen, benennen Versorgungslücken und versuchen diese zu schließen.

Alt und alkoholkrank? Die Gesprächspartnerin hat recherchiert, bevor sie zurückruft. Leider sind die Ergebnisse nicht weiterführend: Als erstes der Hinweis auf die PBAM, dann eine Wohngemeinschaft für Alkoholabhängige. Leider nicht für alte Menschen.

Betreutes Wohnen oder Pflege für alkoholkranke alte Menschen – das gibt es nicht in Schöneberg. Das ist eine Versorgungslücke, sie werden versuchen, diese zu schließen, aber im Moment kann sie nicht weiterhelfen.

Recherche über Internet und Telefon: Alkoholkranke Menschen werden in betreuten Wohnformen nicht aufgenommen, weil die gesundheitliche Situation sich akut verschlechtern kann. Im Betreuten Wohnen sind weder die Möglichkeiten noch die Kapazitäten vorhanden, mit akutem körperlichen Versagen umzugehen. Hier geht es in erster Linie um haushaltsnahe Dienstleistungen.

Pflegeheime nehmen ebenfalls keine akuten Alkoholiker, nur trockene, weil Pflegeheime keine Suchtstationen sind. Auch hier gibt es nicht das entsprechende Personal. Es gibt sehr angenehme Pflegeheime, kombiniert mit betreutem Wohnen, aber das geht nur, wenn die Person eine Pflegestufe hat. Das ist bei alkoholkranken Menschen nicht ganz einfach. Sie könnten sich ja selber versorgen, sie wollen es nicht. Trotzdem gibt es Pflegeheime, die trockene Alkoholiker aufnehmen und sogar gelegentliches Trinken akzeptieren. Langjährige Trinker, die selbst im Endstadium nicht akzeptieren, alkoholkrank zu sein, werden auch hier nicht aufgenommen.

Und dann gibt es noch die Heime, die monatlich 4.000 bis 5.000 EUR kosten – über den Satz der Pflegeversicherung hinaus, versteht sich. Ich nehme an, die haben viele freie Plätze, diese dann auch für Senioren mit Schnaps im Schrank. Keines dieser Heime ist in Tempelhof-Schöneberg.
Neueste Schätzungen gehen von ca. 2 Mio. alkoholkranken Mitbürgern und ca. 9,5 Mio. Mitbürgern mit riskantem Alkoholverhalten aus. In einer durchschnittlichen Familie mit 1 bis 2 Kindern beeinflusst über die Generationen das Sucht-getriebene Verhalten eines Alkoholikers 5 bis 6 Personen, hochgerechnet haben 60 bis 70 Mio. deutsche Bundesbürger im näheren Familienumfeld einen alkoholkranken oder hoch-gefährdeten Angehörigen, das sind fast alle deutschen Bundesbürger (82 Mio.). Unser soziales Netz fängt jüngere und mittelalte Süchtige, Suchtbedrohte und deren Angehörige auf. Für die Alten (und deren Angehörigen) haben wir kein Konzept, sie werden allein gelassen. Diese Versorgungslücke muss geschlossen werden.

Annette Schulz-Schöllhammer, Bürgerdeputierte

Die SPD-Fraktion in der BVV hat im September 2010 eine Kleine Anfrage zum Situation von alkoholkranke Menschen über 60 Jahre in Tempelhof-Schöneberg eingebracht.

 
 

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