Antrag zur 28. BVV XXI - Antrag 10

ANTRAG
der Fraktion(en) GRÜNE, SPD
in der BVV Tempelhof-Schöneberg

Erlass von Sondernutzungsgebühren rechtssicher ausgestalten

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Die Bezirksverordnetenversammlung empfiehlt dem Bezirksamt, sich beim Senat dafür einzusetzen, dass der von der Senatorin für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt gewünschte Erlass von Sondernutzungsgebühren im öffentlichen Straßenraum auf einer rechtskonformen Grundlage erfolgt, die sicherstellt, dass die Bezirke bzw. die Mitarbeitenden der Bezirke sich nicht dem Tatbestand der Untreue (§ 266 Strafgesetzbuch (StGB) aussetzen.

Das Bezirksamt möge gegenüber dem Senat verdeutlichen, dass ein Erlassen von Sondernutzungsgebühren im öffentlichen Straßenraum nur mit einer Änderung der Landeshaushaltsordnung, ggf. der Gebührenverordnung und ggf. weiteren Verwaltungsvorschriften rechtssicher ausgestaltet werden kann.

Das Bezirksamt wird außerdem ersucht, mit Vertreter*innen der DEHOGA und weiteren Vertreter*innen der Gastronomie ein klärendes Gespräch zur Rechtslage herbeizuführen.

Begründung:

Auf eine entsprechende Mündliche Anfrage hat das BA mit Zuarbeit des bezirklichen Rechtsamtes am 17.1.2024 wie folgt geantwortet:

„Vorliegend versucht der Senat mittels gesetzlich nicht vorgesehener Steuerungsinstrumente die Rechtsanwendung durch die Bezirke zu steuern. Der Senat möchte durch die Feststellung eines besonderen öffentlichen Interesses die Anwendung des § 8a Nr. 1 der Verordnung über die Erhebung von Gebühren für die Sondernutzung öffentlicher Straßen (Sondernutzungsgebührenverordnung – SNGebV) eröffnen. Nach § 7 Abs. 1 des Gesetzes über die Zuständigkeiten in der Allgemeinen Berliner Verwaltung (Allgemeines Zuständigkeitsgesetz - AZG) sind die Bezirksverwaltungen in der Durchführung ihrer Aufgaben an Rechts- und Verwaltungsvorschriften gebunden, nicht jedoch an Feststellungen des Senats - auch wenn diese inhaltlich auf vom Abgeordnetenhaus gebilligten Richtlinien beruhen. Bei einer Feststellung des Senats handelt es sich um eine unverbindliche Meinungsäußerung des Senats, die mit keiner Verantwortungsübernahme durch den Senat verbunden ist. Wenn der Senat die Auslegung und Anwendung der Sondernutzungsgebührenverordnung steuern will, ist also das dafür gesetzlich vorgesehene Instrument der Erlass von Verwaltungsvorschriften (§ 6 AZG). Für den vom Senat gewünschten Erlass von Sondernutzungsgebühren nach § 8a Nr. 1 SNGebV fehlt es an der tatbestandlichen Voraussetzung dieser Vorschrift. Diese lautet: „Die Sondernutzungsgebühr kann ermäßigt oder erlassen werden, wenn 1. die Sondernutzung im besonderen öffentlichen Interesse Berlins liegt ...“. Bereits nach seinem eindeutigen Wortlaut setzt § 8a Nr. 1 SNGebV die Möglichkeit des Erlasses von Sondernutzungsgebühren vor, wenn die Sondernutzung selbst im besonderen öffentlichen Interesse steht, nicht deren Erlass. Dies geht auch klar aus der Begründung für die Einführung des § 8a SNGebV in 2012 hervor (siehe Vorlage der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt - Abt. VII – VII D 131 - an das Abgeordnetenhaus vom 16. Mai 2012 S. 8):  „Durch die im neuen § 8a getroffene Regelung soll dem Land Berlin zum einen die Möglichkeit eröffnet werden, für im besonderen öffentlichen Interesse Berlins liegende Sondernutzungen Gebührenermäßigungen oder Gebührenbefreiungen auszusprechen. Nicht jede Sondernutzung, die in irgendeiner Form auch der Allgemeinheit dient, soll bereits für die Eröffnung dieser Möglichkeit ausreichen.“ Als besondere öffentliche Interessen Berlins nennt die Begründung Baumschutzbelange, Umweltschutzbelange, bauliche Gründe.
 

Der Senat begründet jedoch den von ihm gewünschten Gebührenerlass nicht mit einem besonderen öffentlichen Interesse an bestimmten Sondernutzungen, sondern mit der (Notwendigkeit der) finanziellen Entlastung bestimmter Branchen. Dies ist vom Tatbestand des § 8a Nr. 1 SNGebV nicht gedeckt. Mit dem rückwirkenden Erlass von Gebühren für bereits getätigte Sondernutzungen wird Sinn und Zweck des § 8a Nr. 1 SNGebV geradezu auf den Kopf gestellt: Anstatt im Einzelfall bestimmte im besonderen öffentlichen Interesse liegende Sondernutzungen durch Gebührenermäßigung oder -erlass zu fördern, werden Sondernutzungen, zu deren Verwirklichung es eines Gebührenerlasses offenbar nicht bedurfte, nachträglich bezuschusst. Unabhängig davon kann nach dem Prinzip der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung das Tatbestandsmerkmal „besonderes öffentliches Interesse“ nicht so ausgelegt werden, dass die Gebühren nach bestimmten Tarifstellen in Gänze oder in weiten Teilen nicht mehr erhoben werden.

Der Senat möchte also mit einer unverbindlichen Meinungsäußerung die Bezirke veranlassen, auf die Erhebung von Gebühren zu verzichten, zu deren Erhebung sie nach § 34 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung (LHO) rechtlich verpflichtet sind und obendrein auch noch rechtmäßig vereinnahmte Gebühren für die Vergangenheit zurückzuerstatten. Die vorsätzliche Nichterhebung zu erhebender Gebühren und die Erstattung bereits rechtmäßig erhobener Gebühren erfüllen den Tatbestand der Untreue (§ 266 Strafgesetzbuch (StGB)) und setzen die Mitarbeiter der Bezirke der Gefahr der Strafverfolgung aus. Ob das dem Geist der neu beschworenen Zusammenarbeit zwischen Senat und Bezirken entspricht, wage ich zu bezweifeln. Jedenfalls sollten die Bezirke schon aus Fürsorge für ihre Bediensteten, aber auch aus grundsätzlichen Erwägungen heraus den Senat zu einer rechtskonformen Handlungsweise auffordern. Da eine Verwaltungsvorschrift mit einer dem Senatsbeschluss entsprechenden Anwendung des § 8a Nr. 1 SNGebV rechtswidrig wäre, kann der Senat rechtskonform sein Ziel nur im Verordnungswege erreichen. Das wäre jedenfalls rechtstechnisch ein einfaches und zeitnah zu realisierendes Unterfangen.“

Berlin, den 11.03.2024

Fraktion GRÜNE
Ronja Losert
Bertram von Boxberg

Fraktion SPD
Marijke Höppner
 



Berlin, den 11. März 2024
Marijke Höppner

und die weiteren Mitglieder der
Fraktion der SPD

GRÜNE-Fraktion

Der Verlauf dieses Antrags

2024-03-12

Beigetreten

2024-03-20

Überwiesen (Wirtschaft)

offen (DATUM)

Beschlussempfehlung (Wirtschaft)


Aktueller Status (Überwiesen):
Die BVV sieht noch Beratungsbedarf zu diesem Antrag und möchte ihn auf der nächsten Sitzung des zuständigen Fachausschusses diskutieren.

Was passiert als Nächstes?
Der Antrag liegt in mindestens einem Ausschuss zur Beratung. Auf der nächsten Sitzung des Ausschusses wird er aufgerufen und dann geht es mit einer Beschlussempfehlung weiter.

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